Der Audiophile

Ein selbstironisches Gedicht mit einem kritischen Blick auf den typischen Audiophilen.

Im stillen Kämmerlein bei seiner Stereoanlage
sehnt er sich nach dem perfekten Klang ganz ohne Kostenfrage.

Stets nach dem heiligen Gral des Klanges suchend,
die allgegenwärtige Klang-Beduselung im öffentlichen Raum verfluchend.

Bei den Optimierungen gönnt er sich keine Entspannung,
er kippt die Lautsprecher ein wenig nach hinten für mehr Tiefenstaffelung.

Die Stromversorgung – das ist doch klar,
eine direkte Leitung muss dar.

Den neuen Verstärkern lässt er Zeit und spielt sie erst ein,
erst dann gleicht ihr Klang einem Sonnenschein.

Die CD mag er nicht,
er findet ihren Klang nur schlicht.

Mit einem Röhren-CD-Player sucht er sein Glück,
in der Hoffnung, es kommt etwas warmer Klang zurück.

Doch es kann ihn nicht beglücken,
nur ein Plattenspieler weiss ihn zu entzücken.

Einzig wahr ist die Schallplatte,
ist sie doch stolz wie eine Fregatte.

Denn sie hat einen Klang
wie schönster Engelsgesang.

Die analoge Preziose hat verschlungen so viel Geld,
doch ihr Klang eröffnet ihm eine ganz neue Welt.

Gesucht hat er genau das,
diesen Klang mit dem gewissen Etwas.

Doch hat er den heiligen Gral des Klanges jetzt gefunden?
Nein, er macht sich jetzt Gedanken über die Akustik – für viele weitere Stunden.

Er wünscht sich noch besseren Klang – so sehr,
und eh er sich versieht, ist er im Esoterik-Meer.

Racks aus Instrumentenholz sollens richten,
sündhaft teure Füsse aus seltenen Hölzern dem Klang Schönheit andichten.

Natürlich muss er die Anlage mit teuren Kabeln erweitern,
aus Hand verdrillten und gegossenen Leitern.

Und zuletzt sitzt er endlich da – in seinem Klangparadies
und hat vergessen, was Musik ist.

Bernd Zumoberhaus
11. Dezember 2011